Prof. Dr. Peter Imkeller

 

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Wissenschaftlicher Werdegang
1970-1977 Studium der Mathematik und Physik
1977 Diplom
1977-1982 Verwalter der Stelle eines wissenschaftlichen Assistenten
1979 wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an Gymnasien
1982 Promotion (Dr. rer. nat.)
1987 Habilitation
1987 Ernennung zum Privatdozenten, alles an der Universität München
1989-1993 Heisenbergstipendium der DFG
1993-1995 Professor an der Université de Franche-Comté, Besançon, Frankreich
1995-1996 Professor an der Medizinischen Universität Lübeck
seit 1996 Professor (C3) für Mathematik/Wahrscheinlichkeitstheorie an der Humboldt-Universität zu Berlin

Wichtige Forschungsaufenthalte:
1981 Ecole Polytechnique, Paris, Frankreich
1984-1985 Ohio State University, Columbus, USA
1989-1990 University of British Columbia, Vancouver, Kanada
1992-1993 Universitat de Barcelona, Spanien

Projekt 1: Asymptotik zufälliger dynamischer Systeme
 

Kooperationspartner: Prof. Dr. L. Arnold (Bremen)

Wir setzten unser Studium von Ergodentheorie und Asymptotik zufälliger dynamischer Systeme fort, die von stochastischen Differentialgleichungen erzeugt werden. Dabei spielen Methoden der unendlichdimensionalen Analysis, speziell des Malliavin-Kalküls, eine wichtige Rolle. Mit ihnen gelang ein lange blockierter Zugang zu einer Reihe von Problemen: die hierbei auftretenden und für die mathematische Behandlung entscheidenden invarianten Maße sind in der Regel nicht adaptiert bezüglich der natürlichen Geschichte der die Dynamik steuernden Prozesse. Ausgangspunkt ist eine Beschreibung aller Lyapunov-Exponenten der Linearisierung eines solchen Systems in Formeln des Typs von Furstenberg-Khasminskii durch räumliche Mittel im Sinn der Ergodentheorie. Der dabei entwickelte Malliavin-Kalkül für die Projektoren auf die zugehörigen ,,Oseledets-Räume`` (siehe auch [5]) (die ,,Eigenräume`` der Lyapunov-Exponenten) und allgemeineren Fahnen zufälliger invarianter Unterräume (bei Start im $k$-ten Raum der Fahne beschreibt der$k$-te Lyapunov-Exponent das asymptotische exponentielle Wachstum der Trajektorie) mit Werten in Grassmannschen Mannigfaltigkeiten erlaubte eine genaue Untersuchung von Verteilungseigenschaften solcher Räume ([2], [4]). Deren Kenntnis wiederum gestattet es, das Problem der Nichtadaptiertheit der invarianten Maße z.B. mit Techniken des ,,grossissement de filtrations`` zu überbrücken, und die Probleme im Rahmen der klassischen Semimartingaltheorie zu behandeln ([1], [2]). Die methodische Blockierung des Bereichs wurde dadurch vollständig aufgehoben, und von Physikern und Ingenieuren bislang nur heuristisch diskutierte Probleme wurden der stochastischen Analysis zugänglich. Z.B. konnten wir das Normalformenproblem für von stochastischen Differentialgleichungen erzeugte dynamische Systeme lösen ([3]). Die Charakterisierung des asymptotischen Rotationsverhaltens linearisierter Systeme mit Hilfe von Rotationszahlen wurde möglich ([7]).
 

Projekt 2: Dynamik unendlichdimensionaler stochastischer Systeme
 

Kooperationspartner: Prof. Dr. L. Arnold (Bremen), Prof. Dr. M. Scheutzow (TU Berlin), Prof. Dr. B. Schmalfuss (Merseburg), Dr. habil. H. Crauel (Berlin).

Mitarbeiter: M. Steinkamp, C. Lederer (Doktoranden).

Methoden und Ergebnisse der Theorie zufälliger dynamischer Systeme (ZDS) sollen auf unendlichdimensionale Modelle angewandt werden. Im Mittelpunkt stehen die Themen Dynamik der Systeme, Langzeitverhalten, dabei vor allem Attraktoren, invariante Mannigfaltigkeiten, invariante Maße, Stabilität und Bifurkationen.

Das Projekt ist inhaltlich in drei Stufen gegliedert, die teils aufeinander aufbauen, teils parallel ablaufen. Zunächst sollen Stabilität und Bifurkationsverhalten endlich-dimensionaler zufälliger Systeme untersucht werden. In typischen Fällen lässt sich mithilfe der Theorie der Zentrums-Mannigfaltigkeiten das Bifurkationsverhalten hochdimensionaler Systeme auf die Vorgänge auf der niedrigdimensionalen Zentrums-Mannigfaltigkeit reduzieren. Untersuchungsgegenstand der anderen beiden Stufen sind stochastische Evolutionsgleichungen, Delaygleichungen und komplexere stochastische Evolutionsgleichungen wie verrauschte Navier-Stokes-Gleichungen und andere Gleichungen aus der Strömungsmechanik, vor allem im Hinblick auf Anwendungen in der Klimadynamik (siehe Projekt 5). In [6] wird das exakte räumliche Wachstum von stochastischen Flüssen untersucht, die von endlichdimensionalen stochastischen Differentialgleichungen erzeugt werden.

Ein sehr wichtiges Paradigma für das Bifurkationsverhalten endlichdimensionaler nichtlinearer stochastischer Systeme ist der zufällig gestörte Duffing -van der Pol-Oszillator. Dieses zweidimensionale System zeigt ohne Rauschen eine Hopf-Bifurkation beim Nulldurchgang des Dämpfungsparameters $\beta$. Verrauschung des Systems ändert das Bifurkationsverhalten radikal. Insbesondere wird die Entartung der konjugiert rein komplexen Eigenwerte am Bifurkationspunkt aufgehoben. Ihre Rolle wird von zwei Lyapunov-Exponenten übernommen, deren Nulldurchgänge (als Funktionen von $\beta$) links und symmstrisch rechts von $\beta = 0$ liegen. In [10] gelang uns eine sehr explizite Beschreibung der Lyapunov-Exponenten des Systems und ihrer kompletten Stabilitätsdiagramme. In [11] wurde der zugrundeliegende Ansatz zu einer allgemeineren Untersuchung der Stabilitätsdiagramme linearer zweidimensionaler Systeme, insbesondere des invertierten Pendels ausgebaut.

Eine Klassifikation der Bifurkationsszenarien eindimensionaler Diffusionsprozesse rückt aufgrund der Ergebnisse von [12] in Reichweite, und wird in der Dissertation von M. Steinkamp behandelt.

Die Beschreibung von Attraktoren zufällig gestörter dynamischer Systeme erweist sich im Vergleich zu deterministischen Systemen als komplex, wie bereits das Beispiel des Duffing-van der Pol-Oszillators zeigt. In [13] und [15] wurde die Beobachtung, daß Attraktoren für zufällige Differentialgleichungen leichter zu bestimmen sind, systematisch angewandt, um Attraktoren für stochastische Differentialgleichungen zu erhalten. Zunächst für kommutierende Diffusionsvektorfelder und anschließend unter der Annahme, daß die Diffusionsvektorfelder eine auflösbare Lie-Algebra besitzen, wurden zufällige stationäre analytische Koordinatentransformationen ( Konjugationen) konstruiert, die die Systeme zufälliger und stochastischer Differentialgleichungen ineinander übersetzen, und wichtige asymptotische Objekte wie z. B. Attraktoren erhalten. In der Dissertation von C. Lederer wird das Konjugationsproblem in sehr allgemeinem Rahmen komplett gelöst, und auf die Konstruktion lokaler Linearisierungen zufälliger dynamischer Systeme angewandt.

Daß das Verständnis des Bifurkationsverhaltens sogar zweidimensionaler Systeme noch am Anfang steht, zeigen die sehr interessanten Resultate über die Stabilität eines schwach gedämpften und verrauschten nichtlinearen Oszillators, z. B. des Kramers-Oszillators, die in [20] angekündigt werden: obwohl die Potenzialfunktion eine Lyapunov-Funktion liefert, ist das System für genügend kleinen Rausch- und Dämpfungsparameter instabil.
 

Projekt 3: Lokale Eigenschaften stochastischer Felder
 

Kooperationspartner: Prof. F. Weisz (Budapest)

Das lokale Verhalten Gaußscher stochastischer Felder beschreibende Funktionale wie die Lokalzeit oder die Überschneidungslokalzeit können bekanntlich durch eine aus der unendlichdimensionalen Analysis Gaußscher Räume bekannte Technik genau untersucht werden: die Methode der Fock-Raum-Zerlegung. Die auf diesem Gebiet bereits seit längerer Zeit bestehende Zusammenarbeit wurde fortgesetzt. In [9] werden Selbstüberschneidungen, d.h. Mengen von Zeiten, zu denen derselbe Zustand eingenommen wird, für den $N-$Parameter-Wienerprozeß mit Werten in${\bf R}^d$ untersucht. Die Größe solcher Mengen wird durch die Lokalzeit der Selbstüberschneidungen gemessen. Wir untersuchen kritische Dimensionen$d$, unterhalb derer diese Lokalzeiten existieren. Es zeigt sich, daß kritische Dimensionen stark von der Geometrie des Parameterraums abhängen. Diesem Phänomen gehen wir in [14] weiter nach: wir betrachten das Brownsche Blatt mit Werten in ${\bf R}^d$ und fragen uns, wie die kritische Dimension von der Geometrie zweier Zeitmengen $A$ und $B$ abhängt, in denen die Zeiten der Überschneidung unabhängig variieren dürfen. $A$ und $B$ schneiden sich meist in einen Punkt und sind von glatten Kurven verschiedenen Typs begrenzt.
 

Projekt 4: Insider-Modelle in der Finanzstochastik
 

Kooperationspartner: Prof. Dr. M. Schweizer (Berlin), Dr. J. Amendinger (München), Prof. M. Pontier (Toulouse), Prof. F. Weisz (Budapest)

Wir untersuchen Finanzmärkte mit zwei Arten von Agenten auf verschiedenem Informationsniveau: normalen Agenten, deren Informationsfluß durch die natürliche der Preisentwicklung zugrundeliegende Filtration gegeben wird, sowie insider, die über zusätzliche Information verfügen. In den einfachen bisher untersuchten Modellen verfügt ein insider vom Anfang des Handelsintervalls über eine feste zusätzliche Information in Form einer Zufallsvariablen $G$, die sich dem normalen Händler z. B. erst am Ende vollständig enthüllt. In [8] werden Bedingungen an$G$ diskutiert, unter denen das insider-Modell arbitragefrei ist. Wir zeigen, daß der Zusatznutzen des insiders bei logarithmischer Nutzenfunktion durch die Entropie der Zusatzinformation $G$ gegeben ist. In [16] werden Möglichkeiten des Ausübens von arbitrage durch den insider untersucht. Ein Kriterium dafür wird mit Hilfe eines Mallkiavin-Kalküls für die bedingten Verteilungen der Zusatzinformation angegeben, und in einigen interessanten Spezialfällen untersucht, z. B. wenn $G$ ein maximaler Preisprozeß ist.
 

Projekt 5: Stochastische Klimamodelle
 

Kooperationspartner: Prof. Dr. L. Arnold (Berlin), Dr. A. Monahan (Vancouver), Prof. L. Pandolfo (Vancouver)

Mitarbeiter: I. Pavljukevich (Doktorand)

Dieses ursprüngliche Teilprojekt von Projekt 2 hat sich nach dem von uns organisierten Workshop über Stochastic Climate Models vom 31. 5. 99 bis 2. 6. 99 in Chorin gut entwickelt und verselbständigt. Eine der zentralen Ideen ist es, den hochkomplexen Computermodellen der Klimaphysik mit z. T. schwer interpretierbaren Simulationen vereinfachte Modelle entgegenzustellen, in denen Fluktuationen auf kleinen Skalen durch stochastische Prozesse repräsentiert sind, und die nicht nur numerisch zugänglich sind. Sie sollen qualitative Grundaussagen liefern, die für komplexe Modelle richtungweisend sind.

Eine einfache Klasse von Modellen, die grundlegende Klimaphänomene in nichtlinearen stochastischen Differentialgleichungen darstellen, wird durch die Energiebilanzmodelle gegeben (siehe [17]). Ihre deterministischen Analoga wurden extensiv studiert, vor allem ihre dynamischen Aspekten wie Gleichgewichte, Stabilität der Gleichgewichte und strukturelle Stabilität und Bifurkationen bei Änderungen von Systemparametern. Die dynamischen Aspekte der ebenso sinnvollen stochastische Analoga dieser Modelle versprechen interessanter zu sein, z. B. angesichts der Möglichkeiten von Stabilisierung und Destabilisierung durch Rauschen. Das älteste und bekannteste Paradigma, aus dem sich die Theorie der stochastischen Resonanz entwickelte, ist ein Energiebilanzmodell, bei dem die von der Sonne eingestrahlte Energie periodisch ist, wodurch eine periodische Fluktuation der Erdbahn ( Milankovich-Zykel) beschrieben werden soll. Die mathematische Fundierung des Phänomens der stochastischen Resonanz ist Gegenstand der Dissertation von I. Pavljukevich.

Das aus der klassischen Anderson-Lokalisierung bekannte rein stochastische Phänomen der Lokalisierung von Wellen, die sich in einer stochastischen Umgebung ausbreiten, steht im Hintergrund von [18] und [19]. Die betrachteten Wellen sind planetare Rossby-Wellen, die durch die Grundgleichung für die Wirbelung in der Atmosphäre beschrieben werden. Nimmt man im zeitlich stationären Zustand der Atmosphäre an, daß ein zufälliger Ostwind auf der Grundströmung aufliegt, so zeigt sich zunächst durch Monte-Carlo-Simulationen, daß Verstärkung des stochastischen Windes zur Lokalisierung von planetaren Wellen um die Quelle (in der Nähe des Äquators) führt. In [19] werden mathematische Ansätze diskutiert, die das Phänomen im Rahmen zufälliger Schrödinger-Operatoren oder zufälliger Sturm-Liouville-Gleichungen interpretieren.
 

Publikationen

[1]
Imkeller, P.: Enlargement of the Wiener filtration by a manifold valued random element via Malliavin's calculus. Statistics and Control of Stochastic Processes. The Liptser Festschrift. Y. M. Kabanov, B. L. Rosovskii, A. N. Shiryaev, eds. World Scientific, Singapore, 1997.
[2]
Imkeller, P.: On the smoothness of the laws of random flags and Oseledets spaces of random dynamical systems generated by linear stochastic differential equations. Potential Analysis 9 (1998), 321-349.
[3]
Arnold, L.; Imkeller, P.: Normal forms for stochastic differential equations. Probab. Th. Rel. Fields 110 (1998), 559-588.
[4]
Imkeller, P.: Some support properties of the laws of invariant spaces of stochastic differential equations. Erscheint in: Proceedings zur Konferenz in Leipzig Febr. 1999 anlässlich des Geburtstags von S. Albeverio.
[5]
Arnold, L.; Imkeller, P.: On the integrability condition in the multiplicative ergodic theorem. Stochastics and Stochastics Reports 64 (1998), 195-210.
[6]
Imkeller, P.; Scheutzow, M.: On the spatial asymptotic behaviour of stochastic flows in Euclidean space. Ann. Probab. 27 (1999), 109-129.
[7]
Arnold, L.; Imkeller, P.: Rotation numbers for linear stochastic differential equations. Ann. Probab. 27 (1999), 130-149.
[8]
Amendinger, J.; Imkeller, P.; Schweizer, M.: Additional logarithmic utility of an insider. Stoch. Proc. Appl. 75 (1998), 263-286.
[9]
Imkeller, P.; Weisz, F.: Critical dimensions for the existence of self-intersection local times of the $N$-parameter Brownian motion in ${\bf R}^d$. J. Theoret. Probability 12 (1999), 721-737.
[10]
Imkeller, P.; Lederer, C.: An explicit description of the Lyapunov exponents of the noisy damped harmonic oscillator. Dynamics and Stability of Systems 14 (1999), 385-405.
[11]
Imkeller, P.; Lederer, C.: Some formulas for Lyapunov exponents and rotation numbers in two dimensions and the stability of the harmonic oscillator and the inverted pendulum. Erscheint in: Dynamics and Stability of Systems.
[12]
Crauel, H.; Imkeller, P.; Steinkamp, M.: Bifurcation of random dynamical systems induced by one dimensional stochastic differential equations. Stochastic Dynamics. H. Crauel, M. Gundlach (eds.), 27-46. Springer Verlag, Berlin, 1999.
[13]
Imkeller, P.; Schmalfuss, B.: The conjugacy of stochastic and random differential equations and the existence of global attractors. Erscheint in: Journal of Dynamics and Differential Equations.
[14]
Imkeller, P.; Weisz, F.: Double points of the Brownian sheet in ${\bf R}^d$ and the geometry of the parameter space. Erscheint in: Stochastics and Stochastics Reports.
[15]
Imkeller, P.; Lederer, C.: On the cohomology of flows of stochastic and random differential equations. Erscheint in: Probability Theory and Related Fields.
[16]
Imkeller, P.; Weisz, F.: Free lunch and arbitrage possibilities in a financial market model with an insider. Erscheint in: Stoch. Proc. Appl..
[17]
Imkeller, P.: Energy Balance Models - viewed from stochastic dynamics. Erscheint in: Stochastic Climate Models, Birkhäuser, Basel.
[18]
Imkeller, P.; Monahan, A.; Pandolfo, L.: Stochastic confinement of Rossby waves by fluctuating eastward flow. Erscheint in: Stochastic Climate Models, Birkhäuser, Basel.
[19]
Imkeller, P.; Monahan, A.; Pandolfo, L.: Some mathematical remarks concerning the localization of planetary waves in a stochastic background flow. Erscheint in: Stochastic Climate Models, Birkhäuser, Basel.
[20]
Arnold, L.; Imkeller, P.: The Kramers oscillator revisited. Erscheint in: Geburtstagsband für L. Schimanski-Geier.