Möbius Geometrie

Rolf Sulanke

Einführung. Seit etwa zwanzig Jahren habe ich mich, zeitweise gemeinsam mit meinen Studenten und Doktoranden Christina Schiemangk, Christel Dittrich und Uwe May, immer wieder mit Problemen der Möbius Geometrie beschäftigt. So entstanden die Arbeiten [22], [24], [26], [28], [29], [31] - [33]. Diese Arbeiten sollen im folgenden kurz motiviert und kommentiert werden.

Motivation. Ende der siebziger Jahre waren endlich die bedeutenden Ideen E. Cartan's über die Methode des repére mobile präzisiert und in den Rahmen der mit Faserbündeln und Lieschen Gruppen formulierten Grundlagen der Differentialgeometrie eingeordnet worden, vgl. [21], [23] und die dort zitierte Literatur. Es kam nun darauf an, die allgemeinen Resultate auf die Differentialgeometrie der Untermannigfaltigkeiten spezieller Kleinscher Räume anzuwenden. Gestatten doch die allgemeinen Immersionstheoreme sogar globale Existenz- und Eindeutigkeitsaussagen für solche Klassen von Untermannigfaltigkeiten fast automatisch herzuleiten, für die man Frenet-repéres finden konnte. Die Suche nach den Frenet-repéres ist eine lokale, ja sogar infinitesimale Klassifikationsaufgabe, deren Lösung vollständige Invariantensysteme für sich natürlich ergebende Klassen von Immersionen liefert. Für die euklidischen, unimodular-affinen und projektiven Differentialgeometrien lagen viele mit Cartanschen und tensoriellen Methoden erhaltenen Resultate vor; ihre Aufarbeitung und Einordnung in das allgemeine Schema wäre eine äusserst umfangreiche literarische Arbeit gewesen, die zum Teil bereits geleistet war, man vergleiche etwa das Buch von J. Favard, Cours de géométrie différentielle locale, Paris 1957, oder die Einführung in die Differentialgeometrie von W. Blaschke und H.Reichardt, Springer Verlag, 1960. Anders war die Situation in der konformen Differentialgeometrie; genauer, in der Möbius-Geometrie. Deshalb lag es nahe, gerade die Möbius-Geometrie als Testfeld für die herausgearbeitete Interpretation der Cartanschen Methoden zu wählen. Die vorliegenden Resultate auf diesem Gebiet waren meist nicht direkt im Punktraum (der n-dimensionalen Sphäre), sondern durch Betrachtung von Schmiegkugeln im Raum der Sphären, der ein pseudo-riemannscher symmetrischer Raum ist, mit Hilfe von tensoriellen Methoden erarbeitet worden. Die Konzentration auf den Punktraum, in dem kein gegenüber der Möbius-Gruppe invarianter linearer Zusammenhang existiert, erzwang geradezu die Verwendung der Cartanschen Methode des repére mobile. Andererseits bringt die durch den konformen Charakter der Möbius-Gruppe gegebene Situation eine grosse Nähe zur euklidischen und Riemannschen Geometrie mit sich, welche enge und oft sogar anschaulische Beziehungen zu diesen wohl am besten ausgearbeiteten und am weitesten entwickelten Geometrien herzustellen gestattet.

1. Möbius Raum und Möbius Gruppe

Unter dem n-dimensionalen Möbius-Raum verstehen wir die n-dimensionale Sphäre unter der Wirkung der Möbius-Gruppe. Denkt man sich die n-Sphäre als Hyperquadrik in ihrer Normalform in den (n+1)-dimensionalen reellen projektiven Raum eingebettet, so ist die Möbius-Gruppe als ihre Isotropiegruppe definiert, das ist die Gruppe derjenigen projektiven Transformationen, welche diese Hyperquadrik in sich überführen. In dem (n+2)-dimensionalen reellem Vektorraum, der zu dem betrachteten projektiven Raum gehört, erscheint die Möbius-Gruppe als pseudo-orthogonale Gruppe O(n+2,1) vom Index 1. Im Sinne des F. Kleinschen Erlanger Programms ist die Möbius-Geometrie als "Invariantentheorie" der Wirkung der Möbius-Gruppe auf der n-Sphäre definiert. Nach dem Satz von Liouville stimmt die Möbius-Gruppe mit der konformen Gruppe der n-Sphäre bezüglich ihrer Riemannschen Metrik konstanter Schnittkrümmung überein. Daher sind Winkel und deren naheliegende Verallgemeinerungen die grundlegenden Invarianten der Möbius-Gruppe. Nicht ganz exakt spricht man statt von der Möbius-Geometrie auch von der konformen Geometrie der n-Sphäre. Hierbei ist im Falle n=2 zu beachten, dass die in der komplexen Funktionentheorie betrachteten konformen Abbildungen, wenn sie nicht die ganze Riemannsche Sphäre bijektiv auf sich abbilden, in der Regel nicht durch Einschränkung von Möbius-Transformationen erzeugt werden können, während das für n>2 stets der Fall ist. (Vgl. Abschnitt 2.7 in [34].)

2. Elementare Möbius-Geometrie

Will man die Geometrie eines Kleinschen Raumes X = G/H (heute meist homogener Raum genannt) entwickeln, wobei G eine auf X transitiv wirkende Liesche Gruppe und H die Isotropiegruppe eines beliebigen, fest gewählten Punktes von X bedeuten, so wird man auf zwei zwar miteinander zusammenhängende, aber doch mit unterschiedlichen Methoden auch unabhängig voneinander zu untersuchende Problemkreise geführt: Die elementare und die Differentialgeometrie. Die Elementargeometrie befasst sich mit geometrischen Figuren, deren Gestalt (das ist ihre Äquivalenzklasse bezüglich der Wirkung von G) durch endlich viele Zahlen, ihre Invarianten, beschrieben wird, während in der Differentialgeometrie die Äquivalenzklassen von Untermannigfaltigkeiten, allgemeiner Immersionen zu finden sind; das sind Gebilde, die durch recht beliebige, gewissen Regularitätsforderungen genügende differenzierbare Funktionen beschrieben werden, und deren Invarianten ebenfalls in der Regel Funktionen sind. Eine exakte Definition der Immersionsinvarianten und ihre Anwendung in der Methode des repére mobile findet man in der Arbeit [21]. Oft werden beide Problemkreise auch durch die in ihnen verwandten Methoden unterschieden: In der Elementargeometrie stehen algebraische und "direkte" Methoden im Vordergrund, während in der Differentialgeometrie analytische Methoden anzuwenden sind. Wie alle Einteilungen mathematischer Gebiete ist diese Trennung nicht scharf und absolut zu sehen; es gibt immer wieder Fragestellungen, für deren Bearbeitung Hilfsmittel beider Gebiete angewandt werden. Leider sind die Geometer selten, die in beiden Feldern, den elementaren und den differentiellen, arbeiten, und mitunter wird sogar die Elementargeometrie von manchen Differentialgeometern als "Dreiecksgeometrie" diffamiert. Dabei wird vergessen, dass die verachtete, zumindest früher in den Schulen betriebene Dreiecksgeometrie ein erstes logisch-systematisches Training der Schüler mit vielen, Intuition und Einfälle herausfordernden Aufgaben ermöglichte, wenn, ja wenn nur der Lehrer dieses Gebiet beherrschte und interessant darzustellen wusste. Schliesslich wird nicht bedacht, dass auch die Elementargeometrie, sogar die klassische, euklidische, nach oben offen ist: man denke etwa an solche Gebiete wie (n-dimensionale) Kristallographie oder zahlreiche Fragen der kombinatorischen Geometrie.

Eine persönliche Bemerkung: 1966 wurde ich zum Dozenten für Mathematik ernannt, 1975 wurde ich noch o. Prof. für Geometrie, und 1992 erhielt ich eine Professur nur noch für Differentialgeometrie; begründet wurde diese Einengung nicht: sie könnte auf die zunehmende Kenntnis meiner abnehmenden Fähigkeiten oder auch auf das enorme Wachsen aller mathematischen Disziplinen zurückgeführt werden. Vielleicht steht aber nur das zunehmende Streben der staatlichen Stellen dahinter, das Profil einer Universität so strikt wie nur möglich zu reglementieren. De jure bin ich also gar nicht befugt, mich mit Elementargeometrie zu befassen, aber im Ruhestand kann ich es mir sicher erlauben. Dem zeitlichen Ablauf nach habe ich mich davor auch an die oben genannte Folge gehalten: die elementargeometrische Publikation [33] ist erst als letzte, jetzt im Ruhestand, entstanden. Die Systematik jedoch legt es nahe, mit ihr zu beginnen.

Im Prinzip kann man recht willkürlich elementargeometrische Objekte eines Kleinschen Raumes X konstruieren: Man nehme irgendeine "Figur" F, die mit dem Kleinschen Raum in natürlicher Weise verbunden ist: das kann eine Punktmenge, eine Immersion, ein repére, ein differentialgeometrisches Objekt höherer Ordnung sein. Wesentlich ist nur, dass mit jeder Transformation g aus G auch das Bild gF eindeutig bestimmt ist. Oft liegt F in einer Klasse K von Objekten, die bezüglich der wirkenden Gruppe G in sich übergeht, während G auf K nicht mehr transitiv ist. Lässen sich die Elemente F der Klasse K als endliche Vereinigungen von Untermannigfaltigkeiten darstellen, so ist zu erwarten, dass die Äquivalenzklassen GF der Figuren unter der Wirkung von G durch endlich viele Invarianten charakterisiert werden können. Eine elementare, jedoch keineswegs triviale derartige Klasse der ebenen euklidischen Geometrie ist die Klasse aller endlichen Punktmengen. Zu jeder Menge F aus n Punkten gehören n(n-1)/2 Abstände je zweier ihrer Punkte, die offensichtlich F bis auf Kongruenz eindeutig bestimmen. Diese Abstände sind jedoch nicht voneinander unabhängig. Hoffnungslos schwierig scheint mir die Frage (für nur etwas größere n) zu sein, welche Mengen aus n(n-1)/2 positiven reellen Zahlen als Abstandsmengen von Mengen aus n Punkten auftreten können. Von P. Erdös lernte ich die Frage nach den Konfigurationen aus n Punkten kennen, für die maximal viele, nämlich N(n) der Abstände gleich sind. Die Funktion N(n) ist offenbar eindeutig bestimmt; was kann man über sie aussagen? Es sind eine ganze Reihe von Arbeiten entstanden, die das asymptotische Verhalten von N(n) für n gegen Unendlich zu beschreiben suchten.

Wenden wir uns nun der Elementargeometrie des Möbius-Raumes zu. Die nahe liegenden Objekte, die es hier zu betrachten gilt, sind neben den Punkten die k-Sphären, 0 kleiner gleich k, kleiner als n. Diese sind Orbits von Untergruppen, welche auf ihnen selbst eine k-dimensionale Möbius Geometrie definieren, entsprechen also den k-Ebenen in der euklidischen, affinen oder projektiven Geometrie. Die Menge der k-Sphären in der n-Sphäre S(n,k) ist als offenes Orbit von O(n+2,1) in der Grassmann-Mannigfaltigkeit G(n+2, k+2) der (k+1)-Ebenen des (n+1)-dimensionalen projektiven Raumes selbst ein Kleinscher Raum; jede k-Sphäre entsteht ja als Schnitt der Hyperquadrik S^n mit einer eindeutig bestimmten (k+1)-Ebene und kann mit dieser identifiziert werden. Die Isotropiegruppe von S(n,k) ist H = O(k+2,1)xO(n-k), wobei O(l) die orthogonale Gruppe der Ordnung l bezeichnet. Dabei ist H auch die Isotropiegruppe eines (k+2)-dimensionalen pseudo-euklidischen Unterraums des (n+2)-dimensionalen pseudo-euklidischen Vektorraums, der dem projektiven Raum zugrunde liegt. Die Möbius-Gruppe wirkt also transitiv auf S(n,k): alle k-Sphären sind Möbius-äquivalent; nicht jedoch auf den Produkt-Mannigfaltigkeiten S(n, m)xS(n,k) der Paare von m-Sphäre und k-Sphären. In der Arbeit [33] wird nun ein vollständiges Invariantensystem für derartige Paare unter der Bedingung bestimmt, dass es keine Hypersphäre gibt, die beide Teilsphären enthält. Damit ist das Problem schon vollständig gelöst: man muss im allgemeinen Fall dazu noch einen Rang angeben, der die Dimension der kleinsten Teilsphäre, die das Paar enthält, definiert. Die Invarianten sind verallgemeinerte stationäre Winkel, wie man sie als euklidische Invarianten zwischen k- und m-Ebenen eines euklidischen Punktraums kennt. Bemerkenswert ist, dass man das Invariantensystem mit den einfachen Methoden der orthogonalen Hauptachsentransformation bestimmen kann, obwohl die wirkende Gruppe pseudo-orthogonal ist. Man lasse sich durch das Wort "Winkel" nicht irritieren: es trifft im elementaren Sinne nur wirklich zu, wenn die Sphären sich schneiden. Invarianten existieren natürlich auch dann, wenn dies nicht der Fall ist, und es stellt sich die Aufgabe, diese Invarianten anhand von Lagebeziehungen geometrisch zu deuten. Zum Teil geschieht das schon in der zitierten Arbeit. Detailliert, und im Fall n = 3 auch mit vielen graphischen Darstellungen, kann man dieser Frage mit den in den Mathematica notebooks der Serie Spheres entwickelten Hilfsmitteln nachgehen, die auch die Zusammenhänge zwischen den euklidischen und den Möbius-geometrischen Invarianten der Sphärenpaare darstellen und zu berechnen gestatten. Das notebook 2. behandelt die elementare Sphärengeometrie vom euklidischen Standpunkt aus, und 4. stellt die benötigten Begriffe aus der pseudo-euklidischen Geometrie bereit. Dieses notebook kann auch in anderen Gebieten, wie etwa der Lie-Geometrie oder der speziellen Relativitätstheorie, nützlich sein. Die zitierten notebooks bilden mit den dazugehörigen packages die Serie "Spheres", welche unter dem angegeben URL einzeln oder auf Unix-Maschinen auch als Paket Spheres.tgz heruntergeladen werden kann. Eine mehr ins einzelne gehende Beschreibung des Inhalts dieser Serie findet man im File Spheres.html.

Die Sphärenräume S(n,k) haben als pseudo-riemannsch symmetrische Räume natürlich auch interessante geometrische Eigenschaften. Aus der allgemeinen Theorie ergibt sich zum Beispiel die Beschreibung der Geodätischen dieser Räume als Orbits gewisser einparametrischer Untergruppen von O(n+2,1). Will man diese auswerten und für n=3 graphisch darstellen, so benötigt man einige Begriffe, zum Beispiel die Killing-Form, aus der Theorie der linearen Lie-Algebren. Ihre Berechnung wird für einige lineare Gruppen in dem Notebook liealg.nb ausgeführt; die Ergebnisse werden in einigen der notebooks der Serie Spheres angewandt. Grundlage hierfür ist ein Matrix-Orthonormalisierungsverfahren, das es gestattet, eine Folge von Elementen der Lie-Algebra, also gewisser Matrizen, nach der Killingform zu orthonormieren. Wendet man es auf eine Basis einer halbeinfachen linearen Lie-Algebra an, so erhält man eine orthonormierte Basis, aus der man zum Beispiel den Index des pseudo-Riemannschen Raumes S(n,k) ablesen kann. Das Matrix-Orthonormalisierungsverfahren lässt sich auf beliebige symmetrische Bilinearformen in reellen Matrizen-Räumen anwenden. Es verallgemeinert ein pseudo-euklidisches Orthonormalisierungsverfahren, das im Notebook 4 dargestellt ist.

3. Möbius Geometrie der Immersionen

Die Arbeit [22] geht von der Dissertation von Christina Schiemangk aus. Zuerst werden Immersionen von m-dimensionalen Mannigfaltigkeiten in den n-dimensionalen Möbius-Raum betrachtet. Diesen Immersionen werden induzierte repére-Bündel zugeordnet und soweit in invarianter Weise reduziert, dass außerhalb der Menge der Nabelpunkte eine erste Grundform und eine zweite vektorielle Grundform als Möbius-invariante Größen definiert sind. Hieraus ergeben sich dann die entsprechenden abgeleiteten Invarianten wie Parallelverschiebung, Geodätische, Krümmungen, Volumen u.s.w. Für m=2 und n=4 wird die Klassifikation bis zum kanonischen repére vorangetrieben. Hierbei werden drei Typen von Flächen herausgearbeitet: die ombilischen, die generischen und die isoklinen. Zu den isoklinen gehört die Veronesefläche, die durch ihre Möbiusinvarianten eindeutig charakterisiert wird.

Die Arbeit [24] ist der Kurventheorie gewidmet. Es werden Frenet-Formeln und damit vollständige Invariantensysteme für generische Kurven des n-dimensionalen Möbius-Raums aufgestellt. Für den dreidimensionalen Raum werden alle Kurven konstanter Krümmungen bestimmt.
In [26] werden in Verallgemeinerung des Satzes von O. Bonnet die generischen Hyperflächen durch ihre Möbius-invarianten ersten und zweiten Grundformen bis auf Möbius-Äquivalenz eindeutig charakterisiert. Lediglich im Fall der Flächen im drei-dimensionalen Möbius-Raum wird noch eine weitere invariante Funktion benötigt, um die Flächen eindeutig zu bestimmen. Weitere Untersuchungen, welche die geometrische Bedeutung dieser Funktion beleuchten wären wünschenswert.

Bekanntlich gibt es "konforme Modelle" der Riemannschen Geometrien konstanter Schnittkrümmungen als "Untergeometrien" der Möbius-Geometrie. Da die konformen Invarianten erst recht metrische Invarianten sind, ist es möglich, sie durch ein vollständiges System metrischer Invarianten in den Räumen konstanter Schnittkrümmungen auszudrücken. Eine Methode hierzu und einige zum großen Teil schon früher bekannte konkrete Formeln werden in der Arbeit [28] entwickelt.

Die Arbeit [29] ist den homogenen Flächen des drei-dimensionalen Möbius-Raumes gewidmet. Die vollständigen homogenen Flächen sind nach einem Satz von E. Cartan gerade die Orbits von geeigneten Untergruppen der Möbius-Gruppe; sie sind lokal charakterisiert durch die Konstanz aller ihrer skalaren Invarianten. In der genannten Arbeit werden sie alle bestimmt. Neben den Sphären und den Dupinschen Zykliden tritt hier noch der Spiralzylinder auf, dessen euklidisches Bild durch Errichtung des Zylinders auf einer Loxodrome orthogonal zur Ebene der Loxodrome entsteht. Die Untergruppe, die diesen Zylinder erzeugt, ist zwei-dimensional und auflösbar. Die Gaußsche Krümmung der Möbius-invarianten ersten Grundform ist negativ konstant, so dass die entsprechende Metrik ein Modell der hyperbolischen Ebene ergibt, das allerdings unter der Tatsache leidet, dass die hyperbolischen Rotationen dieser Ebene nicht als Einschränkung von Möbius-Transformationen beschrieben werden können.

Als Folgerung aus der Arbeit [29] ergibt sich speziell, dass die homogenen Tori die einzigen nicht ombilischen kompakten homogenen Flächen des dreidimensionalen Möbius Raums sind. Nach dem Satz von Gauß-Bonnet ist die Gaußsche Krümmung ihrer Möbius-invarianten ersten Grundform gleich Null. Bekanntlich gilt in der euklidischen Differentialgeometrie der Satz, dass die Sphären die einzigen kompakten Flächen konstanter Gaußscher Krümmung sind. In Analogie hierzu ergibt sich die folgende Frage in der Möbius-Geometrie:

Gibt es nabelpunktfreie, nicht-homogene Immersionen des Torus in den dreidimensionalen Möbius-Raum, deren erste Möbius-invariante Grundform die konstante Gaußsche Krümmung Null hat?

Leider konnten wir diese Frage bisher nicht entscheiden, und sie scheint auch immer noch offen zu sein. In der Arbeit [31], die sich auf die Dissertation von Christel Dittrich stützt, werden einige Sätze bewiesen, welche diese homogenen, auch Clifford-Tori genannten Flächen charakterisieren. Jedoch benötigen wir außer der Konstanz der Gaußschen Krümmung immer noch eine Zusatzbedingung, um die Charakterisierung zu erreichen. In der Arbeit [32] schließlich untersuchte ich Kanalflächen, die ja Enveloppen einparametrischer Sphärenscharen sind. Es ist nicht sehr schwer, für derartige Kurven im vierdimensionalen Raum der Sphären Frenet-Formeln aufzustellen, und diejenigen Kurven zu charakterisieren, die singularitätenfreie Enveloppen besitzen. Drückt man die Möbius-invariante Gaußsche Krümmung dieser Enveloppe durch die skalaren Krümmungsfunktionen der Sphärenkurve aus und setzt das Ergebnis gleich Null, so erhält man eine gewöhnliche Differentialgleichung für die Sphärenkurve. Setzt man nun voraus, dass die Enveloppe eine Immersion des Torus ist, so folgt wieder, dass die Immersion ein Clifford-Torus sein muss.

In dem vorliegenden Überblick habe ich auf Zitate weitgehend verzichtet. Besonders anregend oder hilfreich für uns war das Studium der Arbeiten von M. A. Akivis, W.Blaschke und G. Thomsen, E. Cartan, B. A. Rosenfeld, L. L. Verbitskij, E. Vessiot. Diese und weitere Zitate findet man in den besprochenen Artikeln.


sulanke@mathematik.hu-berlin.de


Letzte Aktualisierung: 2.1.2010