Prof. Dr. Jochen Brüning

 

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Wissenschaftlicher Werdegang
1966-1969 Studium der Mathematik und Physik
1972 Promotion (Dr. rer. nat.) in Mathematik
1977 Habilitation
1969-1978 wissenschaftlicher Assistent bzw. Dozent, alles an der Philipps-Universität Marburg
1978-1979 Professor (C2) an der Ludwig-Maximilians-Universität München
1979-1983 Professor (C3) an der Universität-Gesamthochschule Duisburg
1983-1995 Professor (C4) an der Universität Augsburg
seit 1995 Professor (C4) für Mathematik/Analysis an der Humboldt-Universität zu Berlin

Wichtige Forschungsaufenthalte
1982 Gastprofessor an der Northeastern University
1984-1985 Gastprofessor am MIT
1990 Gastprofessor an der Universität Nagoya
1991 Gastprofessor an der Ohio State University
1991 Gastprofessor an der Universität Aarhus
1992 Gastprofessor an der Tohoku-University, Sendai
mehrfach Gastforscher am SFB 72 Bonn
mehrfach Gastforscher am MPI für Mathematik, Bonn
mehrfach Gastforscher am Institut des Hautes Etudes Scientifiques, Bures-sur-Yvette
1992 Gastforscher am Institute for Advanced Studies, Princeton
1995 Gastprofessor an der Université Paris-Nord
1996 Gastforscher am Fields Institute, Toronto
1998 Gastprofessor an der Université Paris-Sud

Herausgebertätigkeit: Mitherausgeber der Zeitschriften Analysis, Mathematische Nachrichten, Southeast Asian Mathematical Bulletin und der Buchreihen Teubner-Texte Mathematik, Mathematics Past and Present (Springer) Eines der zentralen Motive der Geometrischen Analysis ist die Untersuchung der ,,geometrischen Differentialoperatoren`` und ihrer Beziehungen zur Geometrie des untersuchten Raumes. Dabei bestehen enge Beziehungen zwischen den analytischen Eigenschaften der Operatoren (insbesondere ihrer Spektraltheorie und der sich daraus ergebenden spektralen Invarianten) und gewissen Charakteristiken des zugrundeliegenden Raumes. Dabei kann es sich um topologische Invarianten handeln, wie die Bettizahlen, oder um geometrische, wie Volumen oder Krümmung. Im Falle kompakter Mannigfaltigkeiten ist dieses Wechselspiel weitgehend verstanden. Für Räume, die gewisse Singularitäten aufweisen, treten neue Phänomene und Schwierigkeiten auf. Dies ist von Interesse, weil die in der Natur vorkommenden Strukturen nur selten befriedigend durch glatte kompakte Mannigfaltigkeiten modelliert werden können; die moderne Kosmologie z.B. hat es mit gravierenden Singularitäten zu tun wie dem Urknall oder schwarzen Löchern. Auf singulären Räumen sind grundlegende Operatoreigenschaften (Fredholmeigenschaft, Diskretheit), die im kompakten Fall gelten, nun keineswegs mehr evident. Dabei kann es sich sowohl um metrisch unvollständige wie vollständige Räume handeln; im letzteren Fall liefern die Schrödinger-Operatoren eine wichtige Beispielklasse, auf deren Spektralanalyse wesentlich die Quantenmechanik beruht. Mit den Projekten der Arbeitsgruppe ,,Geometrische Analysis und Spektraltheorie`` soll zur Untersuchung geometrischer Differentialoperatoren auf singulären Räumen ein Beitrag geleistet werden. Wichtige Ziele sind die Entwicklung von Fredholm- und Diskretheitskriterien, die Herleitung von Indexsätzen (im Fredholmfall) und asymptotischen Entwicklungen (im diskreten Fall) für die Resolventenspur; in allgemeineren Situationen ist es aus physikalischen Gründen wichtig, das wesentliche Spektrum und die Natur des Spektrums zu beschreiben. Dabei ist die Spektraltheorie in vielfacher Hinsicht entscheidend nicht nur für die Lösungstechnik, sondern auch für die Struktur der zu erwartenden Antwort; deshalb sind die meisten der neueren Invarianten ($\eta$-Invariante, analytische Torsion etc.) mittels geeigneter Spektralgrößen definiert. Im Rahmen dieses großen Forschungsthemas, das die Arbeitsgruppe seit mehreren Jahren beschäftigt und auch in der Zukunft noch für einige Zeit beschäftigen wird, wurden im Berichtszeitraum u.a. die im folgenden vorgestellten Problemkreise bearbeitet.
 

Projekt 1:
Allgemeine Methoden und Modelloperatoren in der Spektraltheorie singulärer Räume

Beteiligte Wissenschaftler: Priv.-Doz. Dr. Matthias Lesch, Dr. Michael Gruber

Kooperationspartner: Prof. Dr. R. Seeley (Boston), Prof. Dr. H. Moscovici (Columbus)

Im vorliegendem Projekt 1 werden, vorwiegend mit funktionalanalytischen Methoden, möglichst allgemeine und flexible Modelle für die Spektraltheorie singulärer Räume entwickelt. Dies trägt der Tatsache Rechnung, daß in der großen Vielgestaltigkeit singulärer Situationen ordnende Überlegungen nur von geeigneten Modellen sowie ihren Störungen und Kombinationen ausgehen können. Ein wichtiger Ausgangspunkt unserer Untersuchungen ist die von Cheeger initiierte und von Brüning und Seeley ausgebaute regulär-singuläre Analysis, die sich mit regulär-singulären gewöhnlichen Differentialoperatoren mit Operatorkoeffizienten beschäftigt, weil sie das Verhalten der Kegel-Singularitäten beherrschen, die zu den in jeder Hinsicht grundlegenden Singularitäten gehören. Mir diesem Themenkreis beschäftigen sich die Abhandlungen [5],[6] und [7]. Ein anderer Schwerpunkt unserer Untersuchungen betraf die Modelloperatoren für Mannigfaltigkeiten mit Rand (Randwertprobleme), deren Theorie wir wesentlich verallgemeinern und vereinfachen konnten; die ersten Veröffentlichungen dazu sind [2] und [3]. Einen anderen Zusammenhang, nämlich die Modelloperatoren vollständiger Mannigfaltigkeiten mit kokompakten Gruppenoperationen, behandelt die Dissertation von M.Gruber, die sich Methoden der Nichtkommutativen Geometrie bedient [4]. In [1] werden schließlich die Grundlagen der asymptotischen Analysis mit Singularitäten erweitert, die für die asymptotische Entwicklung von Resolventenspuren benötigt werden. Ein etwas anderer Ansatz wird in den Publikationen [8],[9] und [10] verfolgt, in denen es um moderne algebraische Methoden zur Berechnung von Invarianten singulärer Räume geht, deren Ergebnisse u.a. als wichtige Orientierung für weitere analytische Untersuchungen dienen.
 

Publikationen

[1]
Brüning, J.: Irregular spectral asymptotics. Erscheint in: Can. Math. Soc. Conference Proceedings.
[2]
Brüning, J.; Lesch, M.: Spectral theory of boundary value problems for Dirac type operators. In: Geometric Aspects of Partial Differential Equations. Contemp. Math. 242 (1999), 203-217.
[3]
Brüning, J.; Lesch, M.: On boundary value problems for Dirac type operators. 1. Regularity and self-adjointness. Preprint SFB 288, 1999.
[4]
Gruber, M.: Nichtkommutative Blochtheorie. Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin, 1998.
[5]
Lesch, M.: Determinants of regular singular Sturm-Liouville operators. Math.Nachr. 194 (1998), 139-170.
[6]
Lesch, M.: On the noncommutative residue for pseudodifferential operators with log-polyhomogeneous symbols. Ann. Glob. Anal. Geom. 17 (1999), 151-187.
[7]
Lesch, M.; Tolksdorf, J.: On the determinant of one-dimensional elliptic boundary value problems. Commun. Math. Phys. 193 (1998), 643-660.
[8]
Pflaum, M.J.: On continuous Hochschild homology and cohomology groups. Lett. Math. Physics 44 (1998), 43-51.
[9]
Pflaum, M.J.; Schauenburg, P.: Differential calculi on noncommutative bundles. Z. Phys. C 76 (1997), 733-744.
[10]
Pflaum, M.J.; Schottenloher, M.: Holomorphic deformation of Hopf algebras and application to quantum groups. J. of Geom. and Physics 28 (1998), 31-44.


Projekt 2:
Spektraltheorie in geometrischen Fragestellungen

Beteiligte Wissenschaftler: Priv.-Doz. Dr. Matthias Lesch, Dr. Daniel Grieser, Dr. Xiaonan Ma

Kooperationspartner: Prof. Dr. W. Ballmann (Bonn), Prof. Dr. R. Seeley (Boston), Prof. Dr. H. Moscovici (Columbus)

In diesem Arbeitsbereich werden die Modelluntersuchungen auf konkrete geometrische Fragen angewandt oder Spezialfälle untersucht, die Anstöße für die weitere Entwicklung erwarten lassen; überwiegend sind die Ergebnisse von unabhängigem Interesse. Ein sehr wichtiger Gegenstand der Untersuchungen sind Indexsätze für singuläre Räume in der unterschiedlichsten Form, die in den Untersuchungen [1,12,13,14] behandelt werden. Üblicherweise führen gerade solche Indexformeln auf neue Invarianten, deren Eigenschaften dann gründlich studiert werden müssen; diesem Problemkreis widmen sich die Arbeiten [2,15,16,17,18]. Die volle Spektraltheorie spezifischer Räume wird in [1] (Flächen mit Spitzen) und in [3,4] (Mannigfaltigkeiten mit Rand) behandelt. Eine Beispielklasse von großem Interesse (und großer Schwierigkeit) sind die algebraischen Varietäten; Untersuchungen spezieller Fragen enthalten die Publikationen [6,7,10,19]. Besonders interessant, aber auch besonders schwierig sind Untersuchungen zu den Eigenfunktionen in singulären, aber auch in regulären Situationen; solchen Fragen widmen sich die Arbeiten [5,8,9].
 

Publikationen

[1]
Ballmann, W.; Brüning, J.: On the spectral theory of surfaces with cusps. Preprint SFB 288, 1999.
[2]
Brüning, J.; Lesch, M.: On the $\eta$-invariant of certain nonlocal boundary value problems. Duke Math. J. 96 (1999), 425-468.
[3]
Brüning, J.; Lesch, M.: Spectral theory of boundary value problems for Dirac type operators. In: Geometric Aspects of Partial Differential Equations. Contemp. Math. 242 (1999), 203-217.
[4]
Brüning, J.; Lesch, M.: On boundary value problems for Dirac type operators. 1. Regularity and self-adjointness. Preprint SFB 288, 1999.
[5]
Jerison, D.; Grieser, D.: The size of the first eigenfunction of a convex planar domain. JAMS 11 (1998), 41-72.
[6]
Grieser, D.: Local geometry of real analytic surfaces. ESI Preprint 659, 1999.
[7]
Grieser, D.; Lesch, M.: On the $L^2$-Stokes theorem and Hodge theory for singular algebraic varieties. Preprint SFB 288, 1999.
[8]
Chanillo, S.; Grieser, D.; Imai, M.; Kurata, K.; Onishi, I.: Symmetry breaking and other phenomena in the optimization of eigenvalues for composite membranes. Erscheint in: Comm. Math. Physics.
[9]
Chanillo, S.; Grieser, D.; Imai, M.; Kurata, K.; Onishi, I.: The free boundary problem in the optimization of composite membranes. Erscheint in: Contemp. Math..
[10]
Kolbinger, F.: Zur Spektralgeometrie algebraischer Kurven. Diplomarbeit, Universität Augsburg 1999.
[11]
Klusch, D.: Wavelet analysis on manifolds I. Preprint SFB 288, 1999.
[12]
Lesch, M.; Peyerimhoff, N.: On index formulas for manifolds with metric horns. Commun. Part. Diff. Equ. 23 (1998), 649-684.
[13]
Liu, K.; Ma, X.: On family rigidity theorems 1. Erscheint in: Duke Math. J..
[14]
Liu, K.; Ma, X.: On family rigidity theorems 2. Preprint SFB 288, 1999.
[15]
Ma, X.: Formes de torsion analytique et familles de submersions 1. Erscheint in: Bull. Soc. Math. France.
[16]
Ma, X.: Formes de torsion analytique et familles de submersions 2. Erscheint in: Asian J. of Math..
[17]
Ma, X.: Submersions and equivariant Quillen metrics. Erscheint in: Annales de l'Institut Fourier.
[18]
Ma, X.: Formes de torsion analytique et fibrations singulières. ICTP, Preprint 98, 1995.
[19]
Ma, X.: Functoriality of real analytic torsion forms. IHES, Preprint 3, 1999.
[20]
Strößner, W.: Zur Spektralgeometrie algebraischer Kurven. Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin, 1998.


Projekt 3: Spektraltheorie in physikalischen Fragestellungen
 

Beteiligte Wissenschaftler: Dr. Michael Gruber, Dr. Markus Pflaum

Kooperationspartner: Prof. Dr. S. Albeverio (Bonn), Prof. Dr. T. Sunada (Sendai), Prof. Dr. R. Seiler (TU Berlin), Prof. Dr. R. Schrader (FU Berlin), Prof. Dr. S. Dobrokhotov (Moskau), Prof. Dr. V. Geyler (Saransk)

Diese Untersuchungen betreffen zunächst Verallgemeinerungen der Spektraltheorie des Schrödingeroperators mit periodischem elektrischem Potential auf den Fall von periodischen Magnetfeldern. In diesem Fall weist der Operator keine Vertauschbarkeit mehr mit einer üblichen Gruppenaktion auf, sondern nur noch mit einer projektiven; wir sprechen dann von eichinvarianten elliptischen Differentialoperatoren. In den Arbeiten [1,2] wird für eine größere Klasse von Operatoren gezeigt, daß das Spektrum als Menge sich verhält wie vom periodischen Schrödingeroperator her bekannt, wenn eine mit der Gruppe natürlich verbundene $C^*$-Algebra die sogenannte KADISON-Eigenschaft besitzt. Hier kommen Begriffsbildungen der Nichtkommutativen Geometrie ins Spiel, die in [3] systematisch ausgebaut werden zu einem neuen theoretischen Rahmen von großer Reichweite. Es stehen nun Verfeinerungen der allgemeinen Theorie an auf wohlbekannte spezifische Situationen und Anwendungen auf neue Phänomene; [4,5] bieten erste Beispiele für dieses Programm. Ein anderer Schwerpunkt unserer Arbeitsgruppe ist der Ideenkreis der Deformationsquantisierung, der durch die Arbeiten von Kontsevich neues Gewicht gewonnen hat. Einige weiterführende Untersuchungen in dieser Richtung liefern die Arbeiten [6,7,8].
 

Publikationen

[1]
Brüning, J.; Geyler, V.A.: Gauge-perodic point perturbations on the Lobachevsky plane. Teor. Mat. Fiz. 119 (1999), 687-697.
[2]
Brüning, J.; Geyler, V.A.: The spectrum of periodic point perturbations and the Krein resolvent formula. (Preprint SFB 288, 1998). Erscheint in: Proceedings of the Krein conference.
[3]
Gruber, M.: Nichtkommutative Blochtheorie. Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin, 1998.
[4]
Gruber, M.: Bloch theory and quantization of magnetic systems. Erscheint in: J. Geom. Phys..
[5]
Gruber, M.: Measures of Fermi surfaces and absence of singular continuous spectrum for magnetic Schrödinger operators. Erscheint in: Math. Nachr..
[6]
Pflaum, M.J.: A deformation theoretical approach to Weyl quantization on Riemannian manifolds. Lett. Math. Physics 45 (1998), 277-294.
[7]
Pflaum, M.J.: Deformation quantization on cotangent bundles. Rep. Math. Phys.

43 (1999), 1-17.
[8]
Pflaum, M.J.: A deformation theoretical approach to normal order quantization. Erscheint in: Russ. J. Math. Physics.
Drittmittel: Die Arbeitsgruppe wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, insbesondere den SFB 288, und das HCM-Forschungsnetz ,,Global analysis, differential geometry and applications`` (Koordinator J. Brüning). Außerdem kooperierte die Gruppe mit Analytikern aus den GUS-Staaten im Rahmen eines Programms der Volkswagen-Stiftung (stellvertr. Koodinator J. Brüning). Frank Duzaar