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Wissenschaftlicher Werdegang
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Wichtige Forschungsaufenthalte:
1981 | Ecole Polytechnique, Paris, Frankreich |
1984-1985 | Ohio State University, Columbus, USA |
1989-1990 | University of British Columbia, Vancouver, Kanada |
1992-1993 | Universitat de Barcelona, Spanien |
Projekt 1: Asymptotik zufälliger dynamischer Systeme
Kooperationspartner: Prof. Dr. L. Arnold (Bremen)
Wir setzten unser Studium von Ergodentheorie und Asymptotik zufälliger
dynamischer Systeme fort, die von stochastischen Differentialgleichungen
erzeugt werden. Dabei spielen Methoden der unendlichdimensionalen Analysis,
speziell des Malliavin-Kalküls, eine wichtige Rolle. Mit ihnen gelang
ein lange blockierter Zugang zu einer Reihe von Problemen: die hierbei
auftretenden und für die mathematische Behandlung entscheidenden invarianten
Maße sind in der Regel nicht adaptiert bezüglich der natürlichen
Geschichte der die Dynamik steuernden Prozesse. Ausgangspunkt ist eine
Beschreibung aller Lyapunov-Exponenten der Linearisierung eines solchen
Systems in Formeln des Typs von Furstenberg-Khasminskii durch räumliche
Mittel im Sinn der Ergodentheorie. Der dabei entwickelte Malliavin-Kalkül
für die Projektoren auf die zugehörigen ,,Oseledets-Räume``
(siehe auch [5]) (die ,,Eigenräume`` der Lyapunov-Exponenten) und
allgemeineren Fahnen zufälliger invarianter Unterräume (bei Start
im -ten
Raum der Fahne beschreibt der-te
Lyapunov-Exponent das asymptotische exponentielle Wachstum der Trajektorie)
mit Werten in Grassmannschen Mannigfaltigkeiten erlaubte eine genaue Untersuchung
von Verteilungseigenschaften solcher Räume ([2], [4]). Deren Kenntnis
wiederum gestattet es, das Problem der Nichtadaptiertheit der invarianten
Maße z.B. mit Techniken des ,,grossissement de filtrations`` zu überbrücken,
und die Probleme im Rahmen der klassischen Semimartingaltheorie zu behandeln
([1], [2]). Die methodische Blockierung des Bereichs wurde dadurch vollständig
aufgehoben, und von Physikern und Ingenieuren bislang nur heuristisch diskutierte
Probleme wurden der stochastischen Analysis zugänglich. Z.B. konnten
wir das Normalformenproblem für von stochastischen Differentialgleichungen
erzeugte dynamische Systeme lösen ([3]). Die Charakterisierung des
asymptotischen Rotationsverhaltens linearisierter Systeme mit Hilfe von
Rotationszahlen wurde möglich ([7]).
Projekt 2: Dynamik unendlichdimensionaler stochastischer
Systeme
Kooperationspartner: Prof. Dr. L. Arnold (Bremen), Prof. Dr. M. Scheutzow (TU Berlin), Prof. Dr. B. Schmalfuss (Merseburg), Dr. habil. H. Crauel (Berlin).
Mitarbeiter: M. Steinkamp, C. Lederer (Doktoranden).
Methoden und Ergebnisse der Theorie zufälliger dynamischer Systeme (ZDS) sollen auf unendlichdimensionale Modelle angewandt werden. Im Mittelpunkt stehen die Themen Dynamik der Systeme, Langzeitverhalten, dabei vor allem Attraktoren, invariante Mannigfaltigkeiten, invariante Maße, Stabilität und Bifurkationen.
Das Projekt ist inhaltlich in drei Stufen gegliedert, die teils aufeinander aufbauen, teils parallel ablaufen. Zunächst sollen Stabilität und Bifurkationsverhalten endlich-dimensionaler zufälliger Systeme untersucht werden. In typischen Fällen lässt sich mithilfe der Theorie der Zentrums-Mannigfaltigkeiten das Bifurkationsverhalten hochdimensionaler Systeme auf die Vorgänge auf der niedrigdimensionalen Zentrums-Mannigfaltigkeit reduzieren. Untersuchungsgegenstand der anderen beiden Stufen sind stochastische Evolutionsgleichungen, Delaygleichungen und komplexere stochastische Evolutionsgleichungen wie verrauschte Navier-Stokes-Gleichungen und andere Gleichungen aus der Strömungsmechanik, vor allem im Hinblick auf Anwendungen in der Klimadynamik (siehe Projekt 5). In [6] wird das exakte räumliche Wachstum von stochastischen Flüssen untersucht, die von endlichdimensionalen stochastischen Differentialgleichungen erzeugt werden.
Ein sehr wichtiges Paradigma für das Bifurkationsverhalten endlichdimensionaler nichtlinearer stochastischer Systeme ist der zufällig gestörte Duffing -van der Pol-Oszillator. Dieses zweidimensionale System zeigt ohne Rauschen eine Hopf-Bifurkation beim Nulldurchgang des Dämpfungsparameters . Verrauschung des Systems ändert das Bifurkationsverhalten radikal. Insbesondere wird die Entartung der konjugiert rein komplexen Eigenwerte am Bifurkationspunkt aufgehoben. Ihre Rolle wird von zwei Lyapunov-Exponenten übernommen, deren Nulldurchgänge (als Funktionen von ) links und symmstrisch rechts von liegen. In [10] gelang uns eine sehr explizite Beschreibung der Lyapunov-Exponenten des Systems und ihrer kompletten Stabilitätsdiagramme. In [11] wurde der zugrundeliegende Ansatz zu einer allgemeineren Untersuchung der Stabilitätsdiagramme linearer zweidimensionaler Systeme, insbesondere des invertierten Pendels ausgebaut.
Eine Klassifikation der Bifurkationsszenarien eindimensionaler Diffusionsprozesse rückt aufgrund der Ergebnisse von [12] in Reichweite, und wird in der Dissertation von M. Steinkamp behandelt.
Die Beschreibung von Attraktoren zufällig gestörter dynamischer Systeme erweist sich im Vergleich zu deterministischen Systemen als komplex, wie bereits das Beispiel des Duffing-van der Pol-Oszillators zeigt. In [13] und [15] wurde die Beobachtung, daß Attraktoren für zufällige Differentialgleichungen leichter zu bestimmen sind, systematisch angewandt, um Attraktoren für stochastische Differentialgleichungen zu erhalten. Zunächst für kommutierende Diffusionsvektorfelder und anschließend unter der Annahme, daß die Diffusionsvektorfelder eine auflösbare Lie-Algebra besitzen, wurden zufällige stationäre analytische Koordinatentransformationen ( Konjugationen) konstruiert, die die Systeme zufälliger und stochastischer Differentialgleichungen ineinander übersetzen, und wichtige asymptotische Objekte wie z. B. Attraktoren erhalten. In der Dissertation von C. Lederer wird das Konjugationsproblem in sehr allgemeinem Rahmen komplett gelöst, und auf die Konstruktion lokaler Linearisierungen zufälliger dynamischer Systeme angewandt.
Daß das Verständnis des Bifurkationsverhaltens sogar zweidimensionaler
Systeme noch am Anfang steht, zeigen die sehr interessanten Resultate über
die Stabilität eines schwach gedämpften und verrauschten nichtlinearen
Oszillators, z. B. des Kramers-Oszillators, die in [20] angekündigt
werden: obwohl die Potenzialfunktion eine Lyapunov-Funktion liefert, ist
das System für genügend kleinen Rausch- und Dämpfungsparameter
instabil.
Projekt 3: Lokale Eigenschaften stochastischer Felder
Kooperationspartner: Prof. F. Weisz (Budapest)
Das lokale Verhalten Gaußscher stochastischer Felder beschreibende
Funktionale wie die
Lokalzeit oder die Überschneidungslokalzeit
können bekanntlich durch eine aus der unendlichdimensionalen Analysis
Gaußscher Räume bekannte Technik genau untersucht werden: die
Methode der Fock-Raum-Zerlegung. Die auf diesem Gebiet bereits seit
längerer Zeit bestehende Zusammenarbeit wurde fortgesetzt. In [9]
werden Selbstüberschneidungen, d.h. Mengen von Zeiten, zu denen derselbe
Zustand eingenommen wird, für den Parameter-Wienerprozeß
mit Werten in
untersucht. Die Größe solcher Mengen wird durch die Lokalzeit
der Selbstüberschneidungen gemessen. Wir untersuchen kritische
Dimensionen,
unterhalb derer diese Lokalzeiten existieren. Es zeigt sich, daß
kritische Dimensionen stark von der Geometrie des Parameterraums abhängen.
Diesem Phänomen gehen wir in [14] weiter nach: wir betrachten das
Brownsche Blatt mit Werten in
und fragen uns, wie die kritische Dimension von der Geometrie zweier Zeitmengen
und
abhängt, in denen die Zeiten der Überschneidung unabhängig
variieren dürfen.
und
schneiden sich meist in einen Punkt und sind von glatten Kurven verschiedenen
Typs begrenzt.
Projekt 4: Insider-Modelle in der Finanzstochastik
Kooperationspartner: Prof. Dr. M. Schweizer (Berlin), Dr. J. Amendinger (München), Prof. M. Pontier (Toulouse), Prof. F. Weisz (Budapest)
Wir untersuchen Finanzmärkte mit zwei Arten von Agenten auf verschiedenem
Informationsniveau: normalen Agenten, deren Informationsfluß
durch die natürliche der Preisentwicklung zugrundeliegende Filtration
gegeben wird, sowie insider, die über zusätzliche Information
verfügen. In den einfachen bisher untersuchten Modellen verfügt
ein insider vom Anfang des Handelsintervalls über eine feste zusätzliche
Information in Form einer Zufallsvariablen ,
die sich dem normalen Händler z. B. erst am Ende vollständig
enthüllt. In [8] werden Bedingungen an
diskutiert, unter denen das insider-Modell arbitragefrei ist. Wir zeigen,
daß der Zusatznutzen des insiders bei logarithmischer Nutzenfunktion
durch die Entropie der Zusatzinformation
gegeben ist. In [16] werden Möglichkeiten des Ausübens von arbitrage
durch den insider untersucht. Ein Kriterium dafür wird mit Hilfe eines
Mallkiavin-Kalküls für die bedingten Verteilungen der Zusatzinformation
angegeben, und in einigen interessanten Spezialfällen untersucht,
z. B. wenn
ein maximaler Preisprozeß ist.
Projekt 5: Stochastische Klimamodelle
Kooperationspartner: Prof. Dr. L. Arnold (Berlin), Dr. A. Monahan (Vancouver), Prof. L. Pandolfo (Vancouver)
Mitarbeiter: I. Pavljukevich (Doktorand)
Dieses ursprüngliche Teilprojekt von Projekt 2 hat sich nach dem von uns organisierten Workshop über Stochastic Climate Models vom 31. 5. 99 bis 2. 6. 99 in Chorin gut entwickelt und verselbständigt. Eine der zentralen Ideen ist es, den hochkomplexen Computermodellen der Klimaphysik mit z. T. schwer interpretierbaren Simulationen vereinfachte Modelle entgegenzustellen, in denen Fluktuationen auf kleinen Skalen durch stochastische Prozesse repräsentiert sind, und die nicht nur numerisch zugänglich sind. Sie sollen qualitative Grundaussagen liefern, die für komplexe Modelle richtungweisend sind.
Eine einfache Klasse von Modellen, die grundlegende Klimaphänomene in nichtlinearen stochastischen Differentialgleichungen darstellen, wird durch die Energiebilanzmodelle gegeben (siehe [17]). Ihre deterministischen Analoga wurden extensiv studiert, vor allem ihre dynamischen Aspekten wie Gleichgewichte, Stabilität der Gleichgewichte und strukturelle Stabilität und Bifurkationen bei Änderungen von Systemparametern. Die dynamischen Aspekte der ebenso sinnvollen stochastische Analoga dieser Modelle versprechen interessanter zu sein, z. B. angesichts der Möglichkeiten von Stabilisierung und Destabilisierung durch Rauschen. Das älteste und bekannteste Paradigma, aus dem sich die Theorie der stochastischen Resonanz entwickelte, ist ein Energiebilanzmodell, bei dem die von der Sonne eingestrahlte Energie periodisch ist, wodurch eine periodische Fluktuation der Erdbahn ( Milankovich-Zykel) beschrieben werden soll. Die mathematische Fundierung des Phänomens der stochastischen Resonanz ist Gegenstand der Dissertation von I. Pavljukevich.
Das aus der klassischen Anderson-Lokalisierung bekannte rein
stochastische Phänomen der Lokalisierung von Wellen, die sich in einer
stochastischen Umgebung ausbreiten, steht im Hintergrund von [18] und [19].
Die betrachteten Wellen sind planetare Rossby-Wellen, die durch
die Grundgleichung für die Wirbelung in der Atmosphäre beschrieben
werden. Nimmt man im zeitlich stationären Zustand der Atmosphäre
an, daß ein zufälliger Ostwind auf der Grundströmung aufliegt,
so zeigt sich zunächst durch Monte-Carlo-Simulationen, daß Verstärkung
des stochastischen Windes zur Lokalisierung von planetaren Wellen um die
Quelle (in der Nähe des Äquators) führt. In [19] werden
mathematische Ansätze diskutiert, die das Phänomen im Rahmen
zufälliger
Schrödinger-Operatoren oder zufälliger Sturm-Liouville-Gleichungen
interpretieren.
Publikationen